von Joachim Kinzinger, Heilbronner Stimme (Erscheinungsdatum?)
Er braucht eine ruhige Hand, sehr viel Gefühl, Geduld und Zeit. Wenn der Druck zu stark wird, der Fräser einmal außer Kontrolle gerät, ist alles kaputt. Horst Opiola aus Ellhofen ist ein Meister der filigranen Perforation. Er fertigt Sammlerstücke aus Gänse- und Enteneier mit vielen Motiven.
Leise surrt die Maschine mit der biegsamen Welle. Voll konzentriert umschließt der 59-Jährige mit der linken Hand das ausgeblasene Gänseei. Nicht zu locker, nicht zu fest, um Vibrationen und Risse zu vermeiden. Er greift mit der rechten Hand zum Fräser. Butterweich dringt der Diamantbohrer in die dünne Eischale ein.
Dann fräst Opiola feine Stege, kleinste Dornenspitzen aus. Immer wieder pustet er den Kalkstaub weg, folgt den aufgezeichneten Linien beim Dornröschenmotiv. Je nach Schwierigkeitsgrad braucht er bis zu 40 Stunden für ein fertiges Ei, für das Sammler bis zu 650 Mark bezahlen.
„Das ist mein Hobby“, sagt der Lehrer strahlend, der an der Willsbacher Michael-Beheim-Schule unterrichtet. Eier haben Opiola schon immer fasziniert. In einem großen Korb im Wohnzimmer liegen verzierte Hochglanzeier mit Blumenmotiven. Manche davon sind schon über 20 Jahre alt, haben dennoch ihren vollen Farbglanz bewahrt.
1990 liest er in der Heilbronner Stimme einen Artikel über einen Zahnarzt, der Löcher in Eier fräst und Bildmotive anfertigt, zuvor die Eier aber auf Haarrisse röntgt. Der Ellhofener ist zwar beeindruckt aber zugleich skeptisch: „Das ist nichts für mich.“ Erst als ihm sein Schwiegervater ein hochtouriges Maschinchen mit 20 000 Umdrehungen/min schenkt, wagt er die ersten Versuche, bohrt Löcher in ein Gänseei. „Es hat gehalten“, freut sich Opiola und probiert Blumenmotive aus.
Seither lässt ihn die Faszination des Perforierens nicht mehr los. Er und seine Frau messen die Gänse- und Enteneier bei geometrischen Formen wie Sternen oder der Weltkugel genau aus. Auf Papier werden vielfältige Bilder gezeichnet: Märchenfiguren, tanzende Mäuse, Drachen, Boote, Osterhasen. Das jeweilige Motiv wird abgepaust und auf das Ei geklebt. „Ich will das Ganze sehen“, erzählt der Hobbykünstler. Erst dann schaltet er die Maschine an. Seine Spezialität ist auch eine Spirale, die an einem Dorn aufgehängt ist und wippt, wenn man das Ei bewegt.
Opiola braucht gute Nerven, muss manche Enttäuschung wegstecken. Besonders bei schwierigen Motiven ist der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg, wie ein „verkorkstes Dornröschen“ zeigt. Eigentlich war dieses Kunstwerk schon fertig. „An der Spindel musste nur noch eine Kleinigkeit weg“, sagt der Ellhofener. Schon war es passiert, ein Riss, und das Ei war wertlosAber die Freude über viele gelungene Werke und Sammlerstücke wiegen das wieder auf: „Mir macht es sehr viel Spaß“.
Der Ellhofener Bürger zeigt und verkauft seine Kunsteier auch auf Ostereiermärkten in Köln, Bonn, Erlangen, im Kloster Eberbach, in Maulbronn oder jüngst in Obereieseheim. Dort musste er viele Fragen beantworten. Wie machen sie das? Ist da ein Trick dabei? Wie wird das Ei ausgeblasen? Bereitwillig gibt er Auskunft. Und wie bekommt er die Eihaut heraus? Horst Opiola sagt schmunzelnd: „Das ist und bleibt ein Betriebsgeheimnis.“